"Gegen Vorurteile hilft, sich vor Ort eine eigene Meinung zu bilden!"
Name: Philipp Schwier
Geburtsjahr, -ort: 2000 I Starnberg
Berufliches Zuhause: Student (M.Sc. Wirtschaftsingenieurwesen)
Hobbies: Musik (Cello, Klavier, Geige, Chor), Sport (Tennis, Basketball), universitäre Verbandsarbeit (Stura, Fachschaft, Verband Deutscher Wirtschaftsingenieure e.V.)
Status: Zugezogen
Philipp Schwier engagiert sich im Studierendenrat der BTU Cottbus-Senftenberg und organisiert das Sommerfest der Hochschule am 4. Juli mit. Mit seinem Einsatz möchte er ein Zeichen für Zusammenhalt, Lebensfreude und eine positive Zukunft für die Lausitz setzen. Wir haben mit ihm über seinen Weg aus Süddeutschland nach Cottbus gesprochen und welche Erfahrungen er dabei mit gegenseitigen Vorurteilen gemacht hat. Wir beleuchten sein Engagement in der Wahlheimat, seine Verbindung zur Region sowie seine Wünsche für die Boomtown Cottbus und erfahren seinen Lieblingsort, der gleichzeitig ein echter Geheimtipp ist.
Seit wann bist du in Cottbus und was hat dich hierhergezogen?
Ich bin seit 2023 in Cottbus. Hergezogen bin ich im Oktober, zur Einführungswoche an der BTU Cottbus-Senftenberg. Parallel dazu habe ich mir innerhalb von 5 Tagen eine Wohnung gesucht, den Mietvertrag unterschrieben und nur mit einem großen Rucksack als Gepäck eingezogen. Ich stamme aus Oberbayern und bin daher in einer eher konservativen Region aufgewachsen. Für meinen Bachelor wollte ich nicht weit von zu Hause weg aber dennoch Oberbayern verlassen. Daher entschied ich mich für eine Stadt in Niederbayern, die nur 2 bis 3 Stunden mit dem Zug von meiner Heimat entfernt liegt. Schon da wurde ich sehr mit Vorurteilen konfrontiert. Ich bin ein Mensch, der gern selbst lernt und sich nicht auf die Meinung anderer Leute verlässt. Nach dem Bachelor wollte ich daher für den Master gern Ostdeutschland kennenlernen, da ich vor allem Vorurteile kannte. Ich habe das Privileg, mir als Student meine eigene Meinung bilden zu können. Zur Wahl standen die TU Berlin und die BTU Cottbus-Senftenberg. Aus verschiedenen Gründen wurde es dann die BTU Cottbus - Senftenberg und ich freue mich sehr darüber, dass es so gekommen ist.
Wie war das Ankommen für dich?
Das Ankommen war für mich nicht leicht. Ich wurde schnell als “reicher Schnösel” abgestempelt, obwohl die Leute gar nichts über mich wussten. Sie haben lediglich am Rande mitbekommen, dass ich aus Starnberg in Bayern komme. Es passiert mir immer noch oft, dass ich als “Wessi” betitelt werde und die Menschen Vorurteile haben. Diese Vorurteile sind oft als Scherz verpackt, aber wenn der gleiche Witz immer wieder gemacht wird, ist dieser irgendwann nicht mehr lustig und manchmal wirklich boshaft. Ich möchte aber nicht sagen, dass es in Bayern nicht andersherum auch so wäre. Ich merke aktiv eine Diskrepanz zwischen Ost- und Westdeutschland, obwohl meine Generation gar nichts mehr mit der Teilung Deutschlands zu tun hat.
Was macht Cottbus zu einer so attraktiven Stadt für dich, dass du gern hier lebst und dich hier engagierst?
In Cottbus habe ich viele Möglichkeiten, die ich von meiner alten Universitätsstadt nicht kannte. Ich finde es großartig, dass ich mich hier aktiv beteiligen und mitgestalten darf. Ich bin zum Beispiel Mitglied im Studierendenrat der BTU Cottbus - Senftenberg. Der Stura initiiert über das Jahr hinweg verschiedene Veranstaltungen und die Stadt unterstützt uns dabei immer wieder auf verschiedenen Wegen. Die Stadt gibt mir damit das Gefühl, dass die Studierenden wichtig sind, diese Wertschätzung finde ich toll. Außerdem mag ich an Cottbus, dass ich immer auf Menschen stoße, die zu mir passen und mit denen ich mich sofort wohlfühle. Dabei spielt das Alter keine Rolle. Ich mag an Cottbus die Altstadt, die Spree, die Badeseen in Ströbitz und Sachsendorf und die Bademöglichkeiten rund um Cottbus. In der Stadt bin ich nicht auf ein Auto angewiesen. Ich kann alles zu Fuß, mit dem Fahrrad oder den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen, ohne lange unterwegs zu sein. Es gibt ganz viele Kleinigkeiten, die Cottbus für mich zu einer attraktiven und lebenswerten Stadt machen.
Hast du Tipps, die das Ankommen in Cottbus leichter machen?
Ich wusste ein bisschen über Cottbus und wollte mich gleichzeitig auch überraschen lassen. Für mich war es wichtig in eine Wohngemeinschaft zu ziehen, nicht in eine eigene Wohnung oder in das Studentenwohnheim. So hatte ich gleich Anschluss zu Menschen, die schon in Cottbus leben und die Stadt kennen. Außerdem ist es sinnvoll die angebotenen Willkommensformate und Events zu nutzen, um sich zu vernetzen. Ganz wichtig sind das Mitmachen und Ausprobieren, beispielsweise in einem Verein und mit Menschen, die ähnliche Interessen haben. Mir hat es auch geholfen mich auf den Social-Media-Kanälen schlau zu machen. Die Hauptsache ist, dass man raus geht und mit offenen Augen durch die Welt geht. Vor allem und gerade dann, wenn man schüchtern oder introvertiert ist.
Wie bist du zum STURA gekommen?
Die Wahlen waren eigentlich schon geschlossen aber für die Finanzen fehlte noch ein Mitglied. Ich habe die Ausschreibung gesehen und dachte mir, dass ich es einfach mal versuchen sollte. Ich hatte schon einiges an Erfahrung in dem Bereich der studentischen Selbstverwaltung und Finanzen und hatte Lust, Verantwortung zu tragen. Das Wichtigste aber ist das Engagement. Ich mache gern Dinge für andere Menschen, sofern ich das leisten kann. Ich möchte etwas zurückgeben. Ich habe aber auch volles Verständnis dafür, dass sich nicht jeder Mensch gleichermaßen in die Gesellschaft einbringen kann, da sowohl Ressourcen als auch Voraussetzungen unterschiedlich sind.
Am 4. Juli findet auf dem Zentralcampus das BTU-Sommerfest statt. Neben der BTU Cottbus-Senftenberg und dem Studierendenparlament ist der STURA federführend mit der Organisation betraut. Worauf können wir uns freuen?
Zwischen 12 und 18 Uhr wird es neben vielen anderen Aktionen eine Rallye geben, bei der die Besuchenden eingeladen sind, sich durch Mitmachaktionen und Aktivitäten an verschiedenen Ständen selbst zu testen und zum Schluss mit einem bisschen Glück einen Gewinn mitnehmen können. Das Programm ist für die ganze Familie gedacht. Jeder Mensch kann uns besuchen kommen, uns kennenlernen und einen schönen Tag bei uns verbringen. Es wird Getränke und Essen geben und ab 18:30 Uhr wird das Abendprogramm durch eine Moderation auf den Bühnen eingeläutet. Ab 19 Uhr beginnt die Party, die dann ab 1 Uhr als Aftershow-Party in das Comicaze verlegt wird. Finanziert wird die Veranstaltung unter anderem durch die Stadt, das Studierendenwerk, die BTU Cottbus-Senftenberg und den STURA. Mir ist es besonders wichtig die Sponsoren zu erwähnen, da ohne diese die Kostenfreiheit nicht gewährleistet werden könnte.
Was wäre ein Zukunftswunsch an STURA und Stadt?
Die Studierenden könnten noch mehr in die Stadt integriert werden. Ich wünsche mir, dass die Stadt und die Studierenden noch enger zusammenarbeiten und gemeinsame Dinge erschaffen. Die Sichtbarkeit der Bedürfnisse der Studierenden ist in der Stadt noch zu gering. Wir Studierenden kommen in die Stadt, wenn wir eingeladen werden und wir das Gefühl haben, wir sind willkommen. Natürlich gilt das auch andersherum aber wir sind noch jung und müssen noch lernen, daher wünsche ich mir, mehr an die Hand genommen zu werden und gezeigt zu bekommen, wie es richtig geht.
Zum Abschluss noch unsere Herzens-Frage nach deinem Lieblingsort in Cottbus?
Der alte Holz-Trabi auf dem Lehmbau ist mein Lieblingsplatz und gleichzeitig auch mein Geheimtipp. Ich bin dort, wenn ich glücklich bin, wenn ich auf einer Party mal meine Ruhe haben möchte, wenn ich Zeit zum Nachdenken benötige oder manchmal auch zu zweit zum Quatschen oder gemeinsamen Schweigen.
Wir bedanken uns für das Gespräch. Das Interview führte Lisa Rudolph.